”Morgen Gair und Eimhir, hattet ihr eine schöne Beltanenacht?“ Malwine lächelte sie verschmitzt an. Eimhir zuckte die Schultern, doch Gair
nickte. ”Ich nehme an, Leod liegt noch irgendwo da draußen? Frühstück ist in Kürze fertig, ich denke, du könntest noch ein paar Blüten suchen gehen,
Eimhir.
Das blonde Mädchen nickte, holte eine kleine Tonschüssel aus dem Regal und verließ das Haus. Aonghas schien nur darauf gewartet zu haben, er deutete
Gair, neben sich Platz zu nehmen.
Gair holte sich ein Hundefell und ließ sich an dem niedrigen Tisch nieder. Sein Blick überflog die Gegenstände, die darauf lagen, und ihre
Anordnung.
Aonghas beobachtete ihn. Unter seinen hellen Augen lagen graue Schatten einer durchwachten Nacht. ”Du hast es gestern auch
gesehen, nicht? Du und Leod, ihr habt beide gezuckt, und das zu recht.“
”Die Zeichen hier aber sehen nicht ganz so schlimm aus, oder?“
Der Druide nahm einen der Stäbe in die Hand und wog ihn bedächtig. ”Nein, nicht ganz so. Doch gut würde ich es wahrlich nicht nennen. Aber noch liegt
etwas im Verborgenen, das Einfluss haben wird. Wir werden sehen. Ich möchte, dass du mich nachher zu Goraid begleitest, er muss informiert werden. Ich schätze, dass sein Sohn Centigern und dessen
Seher die Dinge so deuten werden, wie es ihnen passt. Als Anreiz für Kämpfe.“
”Und du willst, dass wir Centigern umstimmen?
Aonghas schüttelte den Kopf. Die Glasperlen, die in seinen Bart eingeflochten waren, hüpften nach links und nach rechts. Malwine, die gerade die
Kräuter in den Kessel gegeben hatte, setzte sich an seine Seite, ihre Hand auf sein Knie gelegt. Sie blickte ihren Mann fragend an.
”Nein, ich fürchte, wir werden Goraid umstimmen müssen. Auch wenn ich bis jetzt immer seiner Meinung gewesen bin, dass Handel und Offenheit der
rechte Weg sind. Es scheint, dass Centigerns Weg nun der Bessere ist.“
Malwine zog hörbar die Luft ein. Auch Gair blickte den Druiden erstaunt an. Ardudunum war immer ein friedlicher Handelspunkt gewesen, mit einem gut
besuchten Heiligtum.
Bis jetzt hatte Aonghas immer gegen Centigerns Kriegsgelüste gewettert, sein plötzlicher Meinungsumschwung verwunderte Gair, wie auch offensichtlich
die Druidin.
Ehe sie weiter über das Thema sprechen konnten, kehrte Eimhir zurück. Schweigsam richtete Malwine allen eine Schüssel mit Eintopf, während Eimhir
einen Teller mit den süßen Blüten auf den Tisch stellte. Gair eilte in die Schlafkammer, die er mit Leod teilte, um eine saubere Tunika anzuziehen. Er war froh darüber, ein paar Momente alleine
zu haben. Wenn selbst Aonghas dafür war, dass Ardudunum sich für Krieg wappnete, dann standen die Zeichen wahrlich schlecht.
Sie aßen schweigend. Auch Eimhir sagte kein Wort. Sie hatte ein feines Gespür für Stimmungen in einem Raum und war
es gewöhnt, sich den Erwachsenen anzupassen.
Sie hatten ihr Mahl noch nicht beendet, als Leod durch die Tür stolperte. Sein Haar war wirr, an seiner Tunika klebten Blätter, und Grasflecken
zierten sie. Er grinste, schnappte sich eine Schüssel mit Eintopf und setzte sich zu den anderen an den Tisch.
”Habt ihr auch so viel getrunken wie ich?", kommentierte er das Schweigen.
Malwine lächelte ihn an, wie meist. Gair wusste, dass Leods Verhalten die Druidin amüsierte. Leod verkörperte jene Leichtigkeit, die Gair und Aonghas
fehlte und die sie wohl manchmal vermisste. ”Das schafft wohl keiner. Offensichtlich hast du Beltane gebührlich gefeiert.“
”Oh ja. Herrliche Nacht. Ich habe viel für die Fruchtbarkeit des Landes getan.“
”Wie schön“, brummte Aonghas in seinen Bart. ”Komm, Gair, lass uns gehen. Wenn Leod wach ist, ist es Goraid auch.“