Ende eines Abschnittes

Gerade eben habe ich unter die Erstfassung meines neuen Romans das Wort "ENDE" geschrieben. Was bedeutet, dass nun die wahre Arbeit erst losgeht. Inzwischen habe ich gelernt, die Vorteile eines "shitty first draft" zu genießen - den inneren Kritiker zum Schweigen zu bringen und erstmal sich nur darauf zu konzentrieren, diese erste Fassung in den Computer zu klopfen. Ich denke, es ist in vielem ganz anders geworden, als das Treatment, das Proschat und ich vor Jahren für diese Geschichte geschrieben haben, aber dennoch ist es der Sache nahe geblieben.

Jetzt geht es darum, über den Text drüberzuarbeiten, bis er soweit ist, dass ich mich traue, ihn meinen beiden Lektorinnen zu schicken. Die ihn dann noch einmal ordentlich zerpflücken, Dinge hinterfragen, mich zu weiteren Überarbeitungen anregen.

Das "shitty first draft" ist genau das, was der Name sagt. Eine Möglichkeit, ohne allzu viel Einspruch des inneren Kritikers die Geschichte mal zu Papier zu bringen. Sich die Erlaubnis zu geben, dass es noch nicht gut sein muss.

Jetzt wird dann jeder Satz hinterfragt, werden Szenen weiter ausgearbeitet, die nun nur Skeltett sind, wird an manchen Stellen noch Fleisch auf die Knochen gepackt, an anderen ordentlich exzessives Fett weggeschnitten. Immer in der Hoffnung, dass man nicht so grobe Logikfehler findet, dass man von vorne anfangen muss ... In dieser Phase finde ich es viel schwieriger, mich zu motivieren, denn jetzt erhebt der innere Kritiker sehr laut seine Stimme und der kann oft recht garstig sein und von einem schlecht gewählten Wort auf allgemeine Unfähigkeit im Schreiben schließen. Der Vorteil aber, bereits die ganze Geschichte in einer ersten Fassung fertig zu haben, ist, dass ich mir denke: Jetzt bin ich schon so weit, jetzt geb ich auch nicht mehr auf.

 

In der letzten Woche habe ich aber auch ein anderes Projekt fertiggestellt. Die Apfelstraße, an der ich ja lebe, hat vor einigen Jahren Liegen an besonders schönen Plätzen aufgestellt, an denen man die Seele baumeln lassen kann. Im Juli nun werden diese Liegen noch mit "Hörgenuss" verfeinert. Eigentlich war geplant, dieses Projekt schon zum Apfelblütenfest im April zu eröffnen, aber da kam uns Corona dazwischen und ich bin nun sehr froh, dass es dennoch fertiggestellt wird. Ich bin ja der Überzeugung, dass es jetzt noch viel besser passt. Man wandert alleine oder in der Familie zu den Liegen, macht es sich bequem und lauscht einer Geschichte. Wir haben für jede Liege drei Geschichten entwickelt, die ihm Jahreszeitentakt wechseln werden. Es freut mich total, in diesem Projekt meine beiden Berufe Autorin und Erzählerin kombinieren zu können, denn ich habe die Geschichten geschrieben und werde sie auch sprechen. Und es freut mich, mich mit diesem Projekt noch mehr in der Region zu verankern.

 

Somit habe ich diese Woche also zwei Projekte zu einem "Ende" geführt. Nun muss ich nur noch meinen Heuschnupfen beenden ...

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