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Norisches Eisen und modernes Plastik

Die Kelten lebten in der sogenannten Eisenzeit und es ist wohl offensichtlich, warum sie so genannt wurde. War in der Bronzezeit Bronze das Material der Wahl für Werkzeuge und Waffen, so wurde es nun Eisen. Und damit gingen viele Änderungen im Leben einher, denn Eisen ist wesentlich härter und stabiler als Bronze. Es verlangt andere Techniken und anderes Können in der Bearbeitung.

Es heißt, die Kelten waren Meister in der Eisenverarbeitung. Norisches Eisen – hauptsächlich Schwerter – waren im Römischen Reich hoch begehrt.

Aber Eisen war nicht nur bei den Waffen der weicheren Bronze weit überlegen, sondern auch im Alltag. Und das zog neue Erfindungen mit sich, die den Kelten zugeschrieben werden.

So heißt es, sie hätten die Sense erfunden. Sicheln gab es schon lange, aber Bronze ließ sich nicht auf die Größe eines Sensenblattes sinnvoll arbeiten. Die Sense brachte Reichtum. Denn nun konnten im Sommer Wiesen gemäht und zu Heu gemacht werden. Der Vorrat an Heu erlaubte es, mehr Kühe und Schafe durch den Winter zu füttern anstatt sie im Herbst aus Futtermangel schlachten zu müssen. Mehr weibliche Tiere im Frühjahr bedeutete wieder mehr Nachwuchs, der gegessen, verkauft oder eingetauscht werden konnte …

Sie erfanden aber auch das eisenummantelte Holzrad. Hölzerne Speichenräder brachen leicht. Nun befestigte man einen heißen Streifen Eisen darum, der sich beim Abkühlen zusammenzog, so die Speichen und das Rad zusammenhielt und auch die Lebensdauer der Lauffläche verlängerte. Diese Form des hölzernen Speichenrades finden wir auch heute noch auf alten Kutschenrädern etc. Fernab des Komforts eines Gummirades noch, aber eine wesentliche Verbesserung, die die Römer auch rasch übernahmen.

Ebenso, ganz wichtig für die Kelten, entwickelten sie das Bierfass, das mit Metallringen zusammengehalten wurde – auch ein Gegenstand, der sich kaum verändert hat, bis die hölzernen Fässer durch Plastik und Edelstahl ersetzt wurden.

Eisen ließ sich in allen Bereichen des Alltags einsetzen – Messer, Nägel, Hammer, Türschlösser, Pfannen … ich denke, die Entwicklung der Eisenbearbeitung war wahrscheinlich ebenso revolutionär und lebensverändernd wie viel später die Entwicklung von Plastik. Es ist uns heute ja gar nicht mehr bewusst, wie sehr Plastik unsere Welt verändert hat, ganz abgesehen jetzt vom Müllproblem. Vielleicht gab es ja auch damals Fortschritts-Gegner, die im neuen Eisen ein Material der Dämonen sahen, das die ehrliche Arbeit der Menschen zerstörte und den Reichen noch mehr Macht gab …

Im englischsprachigen Raum heißt es, die Sidhe, das Alte Volk, es hasse Eisen und ertrage dessen Nähe nicht. Es flüchtete in die Hügeln und lebt dort nun in Erdhöhlen. Fortschritt und die Ängste, die daraus entstehen, waren wohl schon immer ein Thema. Meine Englisch-Professorin sagte einmal, und das ist mir sehr im Gedächtnis geblieben, für jede neue Entwicklung, für jeden Fortschritt, geben wir auch etwas auf. Seit wir Fahrräder haben, gehen wir weniger und unser Körper hat seine Ausdauer verlernt, seit wir Motoren haben, haben wir unsere Abhängigkeit von und unseren Respekt für die Arbeitstiere verloren, seit wir unser Gewand im Geschäft kaufen können, haben wir verlernt, zu nähen und weben, seit wir per Computer kommunizieren haben wir verlernt, mit der Hand zu schreiben, etcetc. Die Frage ist immer, was verlieren wir und was davon wäre wert, erhalten zu bleiben?

Doch zurück zum Eisen. Die Schwerter der Kelten, ihre Lanzenspitzen und Kettenhemden sind neben dem Gold- und Bronzeschmuck oft das einzige, das uns heute aus jener Epoche erhalten geblieben ist im Bauch der Erde. Aber wer weiß, vielleicht war ja gar nicht ihre Eisenbearbeitung (bzw ihre Metallbearbeitung allgemein) für die damalige Zeit das herausragend Besondere. Vielleicht waren es kunstvoll geflochtene Weidenkörbe. Vielleicht war es eine besondere Form der Landwirtschaft, für die die Sense nur ein kleines Mosaikstück war. Vielleicht war es der Umgang der Menschen miteinander. Ihre Fähigkeiten zu Pferde oder in der Webkunst.

 

Ich frage mich, was Archäologen in ferner Zukunft wohl über unsere Epoche sagen werden, das Plastikzeitalter. Auch von uns wird wohl nichts Schriftliches erhalten bleiben, wenn wir weiterhin alles im Internet, in Clouds oder auf USB Sticks speichern, deren Formate oft schon wenige Jahre danach nicht mehr lesbar sind (wer kann heute noch eine Video-Kassette ansehen? – abgesehen vom fehlenden Gerät haben sich auf vielen Bändern die Magnetbänder in der Aufwicklung überlagert und gegenseitig verunstaltet). Man wird eigenartige Gerätteile finden und sich den Kopf zerbrechen, wofür dieses Ding, das man nach bestem Gewissen und aktuellen Vorstellungen rekonstruiert, gebraucht wurde. Im Notfall hatte es kultischen Charakter, obwohl es sich vielleicht um ein Formen-Lern-Häuschen für Kinder (die bunten Dinger, wo man verschiedene Formen durch die passenden Löcher im Dach steckt) handelte …

 

Das hat nun weit von den Kelten und dem Eisen weggeführt. Aber so ist das nun mal, wenn Autoren sich mit vergangenen Epochen oder ungelösten Rätseln beschäftigen, das "Was wäre wenn …" ist eine Berufskrankheit. Nein, eine Berufsvoraussetzung …

Was meint ihr, dass Forscher in 2000 Jahren bei Ausgrabungen über unsere Epoche sagen werden??

 

Randbemerkung: Ich bin Autorin, keine Historikerin, Archäologin oder Zeitreisende (das wäre spannend ...), ich gebe in meinem Blog einerseits nur meine Meinung weiter und andererseits Wissensbissen, die ich im Zuge meiner Recherchen für meine Keltenromane aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen habe. Da ich jemand bin, der sich zwar Informationen und Geschichten merkt, aber nicht wissenschaftlich arbeitet, verzeiht bitte, dass ich (meist) keine Quellenangaben mache, schon gar nicht zu Wissensbissen, die man in vielen Quellen findet.

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