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Wie man ein Barde wurde

 

Die frühesten Aufzeichnungen, die wir über die Ausbildung der Barden haben, stammen aus dem frühen Mittelalter aus Irland. Da Irland jene Gegend ist, in der sich das „Keltentum“ am längsten gehalten hat, weil die Insel nie von den Römern eingenommen worden war, kann man annehmen (oder als Autor hoffen), dass diese Form der Ausbildung davor im ganzen keltischen Gebiet üblich war.

 

Barden waren der niedrigste Rang unter den geweihten Rängen, der höchste der Druide. Dazwischen gab es noch die Filidh, die Seher. Es scheint, dass diese drei Sparten die ersten Jahre ihrer Ausbildung teilten, was bedeuten würde, dass jeder Druide auch ein Barde war. Vielleicht wurden aber schon von Anfang an Schwerpunkte gelegt oder schon zu Beginn festgelegt, wer welchem Ziel zustrebte oder es hing vom Ort der Ausbildung ab.

Streng war die Ausbildung auf alle Fälle und genau reglementiert. Dafür winkte am Ende auch den Barden teilweise eine Stellung, die man mit heutigen Rockstars vergleichen kann.

Ein Barde des höchsten Ranges konnte im frühen Mittelalter ein Gefolge von bis zu 30 Leuten für sich beanspruchen (die bei seinen „Auftritten“ alle verorgt werden mussten) und selbst ein niedriger Barde bekam für seine Dienste mindestens ein Kalb geschenkt.

Laut dem „Crith Gablach“ (8. Jhdt.) gab es sieben Stufen der Barden, die sich nochmals jeweils in die zwei Äste „freie“ und „unfreie“ Barden unterteilen.

 

Um überhaupt als Barde zu gelten, bedurfte es einer Ausbildung von (mindestens) sieben Jahren. Natürlich stand hier das Spiel der Leier am Programm, aber noch wesentlich mehr das Lernen von Liedern und Geschichten.

Im ersten Jahr musste ein Bardenschüler 50 Oghams lernen (ein Ogham ist ein „Alphabet des Verständnisses“, uns heute noch aus der frühmittelalterlichen Schrift Ogham bekannt, wo jedem Zeichen ein Baum zugeordnet wird – doch es gab ganz viele Oghams für die verschiedensten Kategorien), Basis „Grammatik“ und 20 Geschichten.

In Jahr zwei: 50 Oghams, 6 Lektionen Natur-Philosophie, einführende Gedichte, weitere 20-30 Geschichten, Grammatik.

Jahr drei: 50 Oghams, 6 Lektionen moralische Philosophie, vorgegebene Gedichte, Grammatik, weitere 40 Gedichte oder Geschichten.

Jahr vier: Das Gesetz der Privilegien, weitere 20 Gedichte, 50 Geschichten,

Jahr fünf: Grammatik, weitere 60 Geschichten.

Jahr sechs: Die geheime Sprache der Poeten, weitere 40 Gedichte, weitere 70-80 Geschichten.

Jahr sieben: Verschiedenstes, die Gesetze des Bardentums.

 

Über die Längen von Gedichten und Geschichten ist dabei nichts bekannt, aber wir können davon ausgehen, wenn wir die irischen Legenden so betrachten, dass sie nicht kurz waren. Sie liebten ihre Worte ...

Wie gesagt, dies sind Angaben aus dem frühen Mittelalter.

 

Filidh und Druiden gingen in ihrer Ausbildung dann noch weiter und lernten „obskure Worte“, „Spells“ (Flüche, Zaubersprüche …), Ahnenanrufung und anderes.

 

Die Versformen, die ein Barde ja nach Stufe benutzen durfte, waren ebenfalls streng vorgegeben und es war verboten, Versformen höherer Ränge zu verwenden (so wie man im Computerspiel gesperrte Items erst freischalten muss …).

Und diese Versformen hatten es – zumindest für unser Ohr! – in sich!

 

Zum Beispiel die antike Irische Versform Rannaicheacht Mhor Gairit.

Sie wird immer in beliebig vielen vierzeiligen Strophen verfasst.

Die erste Zeile besteht aus drei Silben, die Zeilen 2-4 aus je sieben Silben (sehr ungewohnt für uns).

Das Reimschema wirkt erst mal einfach, a-a-b-a, doch das b der dritten Zeile soll die zweite Silbe eines zweisilbigen Wortes sein und sich auf die 3. Silbe der 4. Zeile reimen. Zusätzlich muss jede Zeile eine Alliteration beinhalten …

 

Als Reimbild ausgedrückt:

 

xxa

xxxxxxa

xxxxx(xb)

xxbxxxa

 

Als Beispiel hier die erste (englische) Strophe des modernen Gedichts Puppy Poop von Lawrencealot von der webseite www.poetscollective.org:

(zum Verständnis der Versform Silbengetrennt und Alliterationen unterstrichen)

 

Dog-gy doo

is mom-speak for piles of poo

Dad deems it be done out-side

Dig-ni-fied dogs take that view.

 

(Weitere Beispiele, die nicht viel ernsthafter sind, finden sich in Band vier meiner Wortflechterin.)

 

Oder diese Variante, ebenfalls eine Rainnacheacht Mhor Form, bei der das erste und letzte Wort des Gedichts das gleiche ist und es interne Reime gibt:

 

BC x x b x ac
x x x a x x bc
x b x x x x ac
x x a x x x BC

 

Da lob ich mir die Einfachheit unserer Hexameter und Pentameter in Paar- und Kreuzreim! (und selbst die werden kaum noch an den Schulen unterrichtet)

Aber ganz ehrlich – ich hätte mich in der Schule lieber mit solchen Reimformen abgemüht als mit Mathe … Wahrscheinlichkeitsrechnung, Zinseszins und Integral sind mehr wesentlich geheimnisvoller geblieben, als solche Verse, die eine herrliche Herausforderung sind.

Weshalb ich ja auch Autorin geworden bin und nicht Mathelehrerin …

 

Randbemerkung: Ich bin Autorin, keine Historikerin, Archäologin oder Zeitreisende (das wäre spannend ...), ich gebe in meinem Blog einerseits nur meine Meinung weiter und andererseits Wissensbissen, die ich im Zuge meiner Recherchen für meine Keltenromane aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen habe. Da ich jemand bin, der sich zwar Informationen und Geschichten merkt, aber nicht wissenschaftlich arbeitet, verzeiht bitte, dass ich (meist) keine Quellenangaben mache, schon gar nicht zu Wissensbissen, die man in vielen Quellen findet.

 

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