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Die Morrigan

Die Morrigan

 

Die Morrigan – auch Morrigain, Morrígu, Mórrígu, Mórríghan, Mór-Ríoghain , ist eine der meiner Meinung nach spannendsten (Frauen-)Figuren der keltischen Mythologie.

 

Ihr Name bedeutet je nachdem, ob auf dem o ein Betonungszeichen liegt oder nicht (und solch ein Betonungszeichen kann leicht verlorengegangen oder hinzugefügt worden sein im Laufe der Geschichte) Große Königin oder Phantom (Alptraum) Königin. Es kann also sein, dass ihre Figur ursprünglich nicht negativ gesehen wurde. Spannend aber, dass sie in keiner der Legenden tatsächlich als Königin eines Reiches auftritt.

 

Sie taucht in allen möglichen irischen Mythologien immer wieder kurz auf und ihr Auftreten verheißt selten Gutes.

 

Manchmal wird ihr Name als Titel verwendet, manchmal sind sie und ihre zwei Schwestern eine Person, manchmal eben drei. Ich persönlich bevorzuge die Variante der drei Schwestern gegenüber der „einen Person mit mehreren Namen“, denn das Verhalten der drei Schwestern ist in den verschiedenen Legenden doch unterschiedlich.

 

Wie in allen irischen mythologischen Geschichten widerspricht sich vieles, das man über sie findet, denn diese Legenden wurden alle lange Zeit nur mündlich in den verschiedensten Regionen weitergegeben und erst spät (von christlichen Mönchen) niedergeschrieben. Ein wenig ist der Versuch, das wahre Wesen der Morrigan zu erfassen, wie aus den Schilderungen verschiedener Zeugen einen Autounfall zu rekonstruieren …

 

Ein paar Dinge gibt es jedoch, auf die man sich einigen kann:

 

Ihre Mutter war Ernmas. Ernmas bedeutet „eiserner Tod“ und sie wird oft als Zauberin bezeichnet.

 

In den Legenden der Tuatha dé Dannan tritt Morrigan – egal, ob als Name, Titel, alleine oder mit ihren Schwestern – als bedeutend für Siege in Schlachten auf.

 

Nirgends wird jedoch je erwähnt, dass die Morrigan selbst eine Kriegerin ist oder zu Waffen greift. Man nennt sie Druidin, Zauberin, Fee, Göttin und ihr Beitrag in den Schlachten ist der für diese Zeit übliche der Frauen: Sie unterstützte die Krieger mit ihrer Stimme, anfeuernd, schreiend, ihnen den Rückzug verwehrend. Zusätzlich zu dem, was normale Frauen bei Schlachten taten, kann die Morrigan jedoch auch Nebel beschwören, Feuer regnen lassen und in Gestalt eines Tieres – meist eines Rabens – auftreten. Überhaupt weiß sie ihr Aussehen zu wandeln, von bildhübscher Schönheit zu hässlichem alten Weib, von Aal zu Wolf zu Kuh …

 

Die Morrigan und ihre beiden Schwestern – zumeist Badb (Beiv ausgesprochen) und Macha genannt – gehören auch zu den sogenannten Wäscherinnen am Fluss. Als solche taucht jede von ihnen in Legenden auf. Es waren Frauen, die den Kriegern begegneten, an einem Fluss Wäsche waschend. Bei genauem Hinsehen konnte der Krieger sein eigenes Gewand in den Händen der Wäscherin erkennen, aus dem sie Blut herauswusch. Es galt dies als ein Zeichen für den baldigen Tod.

 

Überhaupt wird die Morrigan gerne mit dem Tod verbunden, denn auf dem Schlachtfeld fliegt sie als Rabe zu den Kriegern, die sterben werden. Raben und Schlachten sind von Natur aus eine Symbiose, denn dort, wo es viel Tod gibt, fliegen die Raben zu, auf der Suche nach leichtem Futter. Schließlich ist es viel einfacher, einen bereits aufgeschlitzten Körper zu zerteilen, als sich mühsam mit dem Schnabel erst durch die haut zu arbeiten. Das machte die Raben aber zu seinem Symbol für drohenden Tod.

 

Auch mit dem irischen Held Cú Chulainn steht die Morrigan in Verbindung, doch ist nicht ganz klar, ob sie ihn hasst oder beschützt. Sie verkündet ihm, ihn in einem Kampf zu behindern, ist auch bei seinem Tod anwesend.

 

Spannenderweise wird der irische Gott/Held Lugh oft mit Raben in Verbindung gebracht und mit ihnen abgebildet – vielleicht auch eine Verbindung zur Morrigan?

 

All dies macht aus ihr eine schwer greifbare Figur, widersprüchlich wie so viele in der irischen Mythologie. Und genau das macht ihren Reiz aus, finde ich.

 

Denn zum Bild der Kriegstreiberin, der Todesbotin, gibt es durchaus auch andere Interpretationen, die auch bei modernen Anhänger*innen der Morrigan immer wieder betont werden. Und wenn man die Legenden im „Original“ (also, in der englischen Übersetzung der irischen Texte, aber eben in der Gesamtfassung) liest, dann finden sich zwischen den Zeilen sehr viele Hinweise auf die Hintergründe für das Verhalten der Morrigan.

 

So kann man Morrigan auch als eine sehen, die für Stärke, Mut und Zielgerichtetheit steht. Die Neuanfänge unterstützt und durchaus großzügig sein kann – die aber verlangt, dass man nicht aufgibt, wenn man etwas begonnen hat.

 

Eine Frau, die sich nichts gefallen lässt und für die Dinge kämpft, die ihr wichtig sind. Und damit eigentlich eine sehr moderne Frau.

 

 

 

Meine Interpretation der Morrigan und ihrer Schwestern erscheint im Herbst 2024 als Roman.

Bis dahin bietet meine historische Romanserie "Die Wortflechterin" Einblicke in das Leben der Festlandkelten und auch die eine oder andere Geschichte aus der irischen Mythologie.

 

 

 


Von den Göttern gesegnet, von ihrem Meister verflucht, war die Bardin Arduinna gezwungen, alles für ihre Liebe zu opfern.

Eine keltische historische Romanserie, die dich in Zeiten versetzt, als Wörter Waffen sein konnten und deine einzigen Freunde ein Wolfshund und ein Rabe.

Tauch ein in die Welt der Kelten und fühle den Pulsschlag jener Zeit in dir!

 

Die Wortflechterin der Kelten, historische Romanserie
Die Wortflechterin der Kelten, historische Romanserie

Randbemerkung: Ich bin Autorin, keine Historikerin, Archäologin oder Zeitreisende (das wäre spannend ...), ich gebe in meinem Blog einerseits nur meine Meinung weiter und andererseits Wissensbissen, die ich im Zuge meiner Recherchen für meine Keltenromane aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen habe. Da ich jemand bin, der sich zwar Informationen und Geschichten merkt, aber nicht wissenschaftlich arbeitet, verzeiht bitte, dass ich (meist) keine Quellenangaben mache, schon gar nicht zu Wissensbissen, die man in vielen Quellen findet.

 

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