April 2025

Gawain oder Der Wunsch der Frauen

 

Hier gibt es das VIDEO zu dieser Geschichte (das sich durch das oftmalige Erzählen bei Veranstaltungen doch zum Text unterscheidet)

 

Einst, vor langer Zeit, ritt König Artus – der König Artus, den wir alle kennen – alleine aus, um nachzudenken. Wie er so ritt, kam er plötzlich zu einem Zelt. Es war ein prächtiges Zelt, das da mitten auf der Wiese stand. Da es sein Königreich war und er als König natürlich gerne wusste, wer da in diesem Zelt mit fremden Wimpeln lebte, hielt er sein Pferd an und stieg ab. Sogleich eilten zwei junge Frauen aus dem Zelt heraus und begrüßten ihn.

”Seid willkommen, Herr. Erlaubt uns, euer Pferd zu versorgen.“

Artus nickte – zu höflichen Worten war er nicht fähig. Nicht, weil er ein grober Klotz gewesen wäre, nein, wir wissen alle, dass er ein gebildeter und galanter Ritter war, nein, weil diese Frauen so schön waren, dass es ihm die Rede verschlug. Wer besaß solch schöne Dienerinnen?

Eine weitere hübsche Frau öffnete ihm die Zeltplane. Und da sah er die Herrin der Dienerinnen, und es war um ihn geschehen. Auf einer Liege, die mit edlen Stoffen bedeckt war, lag eine Frau – nein, das Wort Frau trifft es kaum. Eine Göttin war sie! Diese Lippen – oooh! Diese Brüste – aaahhh! Diese Hüften – uuuhhh! Sie trug ein Kleid, nun es war nicht Kleid zu nennen. Ein Stoff, so fein gewebt, dass er mehr einem feinen Nebel glich, bedeckte oder bedeckte eigentlich nicht diesen atemberaubenden Körper. Artus schluckte, verbeugte sich und brachte mit Mühe ein paar höfliche Worte der Begrüßung hervor.

”Sei gegrüßt, edler Artus. Ich habe dich erwartet. Komm, setz dich zu mir und lass uns speisen.“ Das göttliche Weib deutete auf einen Hocker neben ihrer Liege und die drei Dienerinnen brachten Tablets mit den köstlichsten Speisen.

Artus aß, doch seine Augen weilten auf seiner Gastgeberin. Sie unterhielt ihn mit allerlei Geschichten, brachte ihn zum Lachen, als ihre Hand wie zufällig seinen Arm berührte, meinte er, verbrennen zu müssen.

”Oh, ihr seid so wundervoll. Ihr seid die schönste und begehrenswerteste Frau, der ich je begegnet bin. Wollt ihr nicht die meine sein, zumindest für eine Nacht?“

”Gerne, lieber Artus. Gerne. Doch – ich bin keine, die sich jedem so einfach hingibt. Doch du bist Artus, und für dich will ich eine Ausnahme machen. Aber ich habe eine Bedingung. Ich will mich dir hingeben, und dich eine Nacht in himmlische Verzückungen führen, die du dir nicht erträumen kannst. Doch nur, wenn du mir eine Frage beantworten kannst: Was wünscht sich jede Frau? - shh, du musst es nicht gleich beantworten. Komm in einer Woche wieder, dann will ich deine Antwort hören. Ist sie korrekt, steht dir mein Himmel offen. Ist sie falsch, wirst du dieser Gelegenheit für immer nachweinen.“

Ohne ein weiteres Wort geleiteten die Dienerinnen Artus hinaus zu seinem Pferd.

 

Lange ritt er ziellos durch die Gegend. Was wünschen sich alle Frauen? Reichtum? Schönheit? Einen Mops? Ach, er konnte einfach nicht klar denken. Versuchte er, eine Lösung zu finden, so dachte er nur an das, was er sich wünschte, dieses oooh-aaah-uuuh.

So verbrachte Artus die nächsten Tage damit, sich in liebestoller Begierde zu wälzen und alle Frauen, die er kannte (und er kannte einige) zu fragen, was ihrer Meinung nach der Wunsch aller Frauen war. Es waren so viele Antworten wie Frauen, das half ihm auch nicht weiter.

Wieder ritt er alleine aus, um eine Lösung zu finden. Die Woche war bereits fast um, seine Lenden brannten vor Begierde, sein Kopf war voll mit – was wünschen -oooh – sich alle – aaah - Frauen – uuuhhh.

Da sah er am Wegesrand ein Weib sitzen. Bei Gott, sie war so hässlich, dass sein Pferd die Ohren anlegte und sich weigerte, weiterzugehen. Ihr Mund war so breit wie ihr Gesicht, ihre Augen saßen auf verschiedener Höhe, und blickten in völlig verschiedene Richtungen. Ihre Haut war mit Warzen übersät und statt oooh-aaah-uuh war ihre Figur iii-wäh-yuk.

Sie hielt ihm bettelnd die Hände entgegen, und da Artus ja ein galanter Ritter war, so kramte er nach einer Münze in seinem Beutel und warf sie ihr zu.

”Habt dank, großer König. Doch ihr seht betrübt aus. Wollt ihr mir nicht sagen, was euch bedrückt? Vielleicht kann ich ja von Hilfe sein.“

Artus lachte. Wie sollte diese hässliche Kröte ihm helfen, eine Nacht mit der schönsten Frau auf Erden zu erlangen?

Dennoch erzählte er ihr von seiner Suche nach der Antwort auf die Frage, was jede Frau sich wünsche.

Die Alte lachte. ”Das ist einfach. Ich habe die Lösung für dich, und es ist garantiert die Richtige.“

”Garantiert?“

”Garantiert?“

”So verrate sie mir.“

”Nicht so hastig, werter König. Das hat seinen Preis. Für die Antwort will ich, dass einer deiner Ritter mich ehelicht.“

Schluck. Artus dachte an seine Männer, alles prächtige Mannsbilder. Wem konnte er das zumuten? Doch andererseits – die richtige Antwort. Eine Nacht der himmlischsten Verzückungen für den König – wozu hatte er Ritter, die ihm zu Gehrosam verpflichtet waren?

”Du sollst deinen Preis haben, aber erst dann, wenn ich den meinen hatte.“

”Natürlich“ Und die Alte verriet ihm die Lösung. Am nächsten Morgen eilte Artus zu der Schönheit im Zelt und tatsächlich, es war die rechte Antwort. Über das, was dann geschah, wollen wir dezent den Schleier der Sittsamkeit hüllen. Mag jeder es sich selbst erträumen... doch noch ist die Geschichte nicht zu Ende, denn es galt ja, die Alte zu bezahlen.

 

So nahm ein gut gelaunter, sehr befriedigter Artus seine Männer mit auf einen Ausritt. Ganz zufällig führte der Weg sie dorthin, wo die Alte saß. Nachdem die scheuenden Pferde wieder beruhigt worden waren, verlangte Artus, dass einer seiner Männer sich freiwillig melde, dieses Weib zu ehelichen, denn das hatte er ihr versprochen.

So schnell konnte man gar nicht schauen, wie alle davonstoben. Nur einer nicht. Gawain, einer der treuesten Recken des Königs, blieb neben ihm. ”Nun Herr, wenn ihr es versprochen habt, so will ich es tun, denn ein König muss sein Wort halten.“

Und so wurde Hochzeit gefeiert. Zugegeben war Gawain nicht ganz nüchtern, als er sein Jawort gab. Und die Alte war aus Rücksicht vor den Gästen mit einen Schleier bedacht worden. Doch dann nahte der Moment, vor dem Gawain sich zum Knie zittern gefürchtet hatte. Die Hochzeitnacht. Ohne der eine Ehe nicht galt. Er legte sich ins Bett, schloss die Augen. Umarmte seine Braut.

”Da ich es versprochen habe, so will ich es tun. In dir drin steckt ja vielleicht ein guter Mensch.“

Und er küsste sie. Kurz auf die Lippen hatte er vorgehabt, doch diese Lippen unter seinen, sie wurden füllig und voll statt breit und schmal. Die Haut unter seinen Finger verlor ihre Warzen, wurde glatt und samtig. Erstaunt öffnete Gawain die Augen, und da lag er mit einem Weib im Bett, das war gewiss das Schönste auf Erden!

”Hab Dank, edler Gawain. Du hast mich nun schon halb erlöst. Wisse, ich war verflucht worden, und die Hälfte des Fluches hast du mit deiner Bereitschaft, hinter mein Äußeres zu sehen, schon aufgehoben. Von nun an ist es mir erlaubt, die Hälfte der Zeit in meiner wahren Form – also in dieser Form – zu verbringen, und nur die Hälfte als altes Weib. Drum wähle, liebster Gatte, soll ich tagsüber oder nachts mein wahres Ich zeigen?“

”Natürlich nachts, wenn wir beide alleine sind!“ entfuhr es Gawain. Doch dann sah er, dass sie traurig war. ”Oder was ist dir lieber? Schließlich geht es ja um dich, ich will nicht egoistisch sein. Vielleicht willst du ja lieber tagsüber, wenn wir unter Leuten sind, schön und anmutig sein. Wähle selbst, denn es ist dein Aussehen.“

Da strahlte seine Braut und umarmte ihn. ”Ach Gawain, nun hast du mich völlig erlöst und ich kann rund um die Uhr Ich sein! Denn du hast mir das gegeben, was sich jede Frau wünscht – und diese Lösung hat auch deinem König Glück gebracht. Denn der Wunsch jeder Frau ist es, selbst entscheiden zu dürfen, was sie will!“

 

Und so lebten sie glücklich und zufrieden. Und ihr, liebe Männer, habt hoffentlich eure Lektion gelernt...

 

 


März 2025

Die verwunschene Alm

 

Hier findet ihr das VIDEO zu dieser Geschichte aus der Steiermark.

 

Es war einmal, vor langer, langer Zeit, da lebte ein reicher Bauer – ja, das hat‘s gegeben, reiche Bauern, glaubt man heut gar nicht. Wobei ich habe mir sagen lassen, auch heute kann man noch ein kleines Vermögen in der Landwirtschaft machen – man muss nur vorher ein großes gehabt haben ...

Der Bauer hatte einen großen Hof, eine Almwirtschaft, viele Knechte und Mägde und drei Töchter.

Im Sommer, da hatte der Bauer all seine Kühe auf der Alm und eine Sennerin dazu – wegen des Heumilchkäses, nicht. Und so ein paar Monate ohne Kühe im Stall, das ist schon was Angenehmes. Am liebsten hätt er ja seine Frau mit rauf geschickt, aber naja, das ist eine andere Geschichte.

 

Eines Tages, als die Sennerin ins Tal kam, um den Käse zu bringen, da war diese ganz aufgeregt und sie sagte: ”Bauer, I geh da nimmer auffi! Da spukts auf dera Alm, die Kia verschwinden, tagelang muss ichs suchen, na, ich geh da nimmer auffi!“

Hysterische Funzen“ hat sich der Bauer gedacht und hat eine Magd geschickt. Aber auch die kam nach ein paar Tagen zurück und weigerte sich, wieder auf die Alm zu gehen. Und als nach ein paar tagen auch die dritte Magd zurückkam und sich weigerte, wieder auf die Alm zu gehen, da rief der Bauer seine älteste Tochter, die Mizzi.

Jetzt muss man sagen, so eine erstgeborene Tochter eines reichen Bauern, das muss schon was hermachen, so eine Dirn. Die hat viel auf sich gehalten, die Mizzi, war ja auch ein hübsches Dirndl.

Der Bauer sagt also: ”Mizzi, du musst auffi aufd Alm, nachschaun, was da los ist, die Mägde sind alle ganz deppart worden, wie‘s halt so ist, mit die billigen Arbeitskräfte.“

Geh Vater, na, wieso ich? Des schert mi jetzt echt net, da auffi wandern.“ Null Bock Generation, schon damals.

Gut", hat der Bauer gesagt, ”dann gehst halt nicht. Aber dann kriegst auch kein Erbe nicht, gelt.“

Mit der entsprechenden Motivation geht eben alles, und so hat die Mizzi sich ein Jausenpackerl gerichtet, hat ein schönes Tüchlein genommen und ein wenig vom Sonntagskuchen reingepackt und ein Packerl Kaffee, hat das alles in ein Körberl gepackt, sich das Körberl am Kopf gesetzt und ist zur Alm raufgewandert. Ein paar Mal hat sie rasten müssen, weil sie ihre schönen Schuh angehabt hat und die haben sie gedrückt.

Und richtig, oben auf der Alm, weit und breit keine Kuh. Da hat die Mizzi sich erstmal in der Almhütte einen Kaffee gekocht, hat das Tüchlein als Tischdecke ausgebreitet, denn als Erstgeborene, da kann man ja nicht vom nackten Tisch essen, hat die schmerzenden Schuhe ein wenig ausgezogen und den Kuchen gejausnet. Dann hat sie sich ein wenig selbst bemitleidet und als es anfing zu dämmern, da hat sie dann doch ihre Schuhe wieder angezogen und sich auf die Suche nach den Kühen gemacht.

Kühchen! Kühchen! Wo seid ihr denn?“

Wie sie so vorsichtig durchs Gras gestelzt ist, kam sie zu einem steilen Abhang und vor lauter Ausschau halten nach den Kühchen ist sie doch volle Wäsch in einen Kuhfladen gestiegen. Na, da hat sie vielleicht geschimpft, ihre schönen Schühchen, besudelt vom Kühchen!

Wie sie versucht, den Dreck mit etwas Gras herunterzuputzen, da hört sie ein dünnes Stimmchen:

Mei, Dirndl, sei so gut, magst mir nit helfen?“

Wie sie sich umschaut, da sieht sie auf einem schmalen Wegerl, das den Abhang hinunterführt, ein Männlein sitzen, das mochte gewiss hundert Jahr alt sein, so runzlig und verhuzelt war es.

Geh Dirndl, i bin scho so müd, magst mi net heimgeleiten, dass ich mich auf dich stützen mag?“

Die Mizzi hat das Männlein angesehen und hat sich gedacht ”Na danke, der soll sich bei mir einhängen, so dreckig wie der ist? Und stinken tut er auch, na aber sicher nicht.“ und gesagt hat sie ”nein, Alter, ich hab keine Zeit, ich muss meine Kühe suchen“ und ist weitergegangen.

 

Als die Mizzi nach einer Woche noch immer nicht von der Alm heruntergekommen war, da machte sich der Bauer doch Sorgen. Und so rief er nach seiner zweiten Tochter, der Peppi.

Es hat dann ein bisserl gedauert, bis die Peppi bei ihm in der Stube war, denn die Peppi war nicht gerade die schnellste und außerdem hatte sie gerade so nett im Heu geschlafen.

Ja, Vater?“

Peppi, du musst auffi auf die Alm, die Mizzi ist nimmer abikommen mit‘m Kas, du musst nachschaun, was da los ist.“

Geh Vater. Is so weit da auffi. Mag i net.“

Nun gut, dann gehst halt nicht, aber dann kriegst auch dein Erbe nicht.“ Ja, das wissen wir ja schon, motivieren hat er seine Leut können, der Bauer, kein Wunder, dass der reich war.

Also hat die Peppi ihr Pinkerl gepackt – ordentlich was vom Sonntagsbraten, Knödeln und einen Striezel – und ist losmarschiert. Hat auch ein paar Mal rasten müssen, war ja weit der Weg, und außerdem ist‘s von Vorteil, wenn man am Weg seine Jausen verspeist, weil dann wird der Korb immer leichter, je müder man wird.

Wie‘s oben angekommen ist, weit und breit keine Kühe, keine Mizzi. Also hat sie erstmal in der Hütte etwas gerastet, dabei ist sie leider eingeschlafen, und erst als es schon dämmerte, wurde sie wach. Also hat sie zwei Schritte aus der Tür rausgemacht und gerufen: ”Kia! Kimmts zuwa!“ aber keine Kuh kam. Also noch ein paar Schritte und noch ein paar, bis auch sie an dem Abhang war und das Stimmchen hörte, das sie um ihre Hilfe und Begleitung bat. ”Mei, dünn ist er ja, aber wer weiß, wie weit ich da gehen müsst, und dann hängt sich der sicher immer schwerer an an mich. Na, da bin ich zu müd“, dachte sie, und sagte: ”Tut mir leid, aber ich muss meine Kühe suchen.“

 

Als auch die Peppi nach einer Woche nicht zurückgekehrt war, da rief der Bauer seine jüngste Tochter, die Zilli. (Und sagens jetzt nicht, wenn er ein Handy ghabt hätt, dann hätt er einfach die Peppi anrufen können, weil auf dera Alm da oben da habens auch heute noch keinen Empfang. Also rief er die Zilli.) Jetzt war die Zilli ein grundgutes Mädel, fleißig und brav, aber keiner hat sie für voll genommen, weil die Zilli hat ein kleines Problem mit ihrer Zunge gehabt, die ist immer vorn an den Zähnen angestoßen und aus irgendeinem Grund haben die Leute früher geglaubt, wenn wer nicht gescheit reden kann, kann er auch nicht gescheit sein...– heut wär das ganz anders!

Ich domme don Papa!“

Zilli, du musst auf die Alm, ja? Deine Schwestern suchen, ja? Passt gut auf auf dich, ja?“

Derne, Papa!“ Die Zilli hat sich gefreut, weil sie endlich mal was Wichtiges tun durfte, hat sich schnell etwas Brot und Speck unters Fürtuch, die Schürze, gesteckt und ist losmarschiert.

Zwar war sie viel schneller oben auf der Alm als ihre Schwestern, aber dennoch, keine Kühe, keine Schwestern. Dafür ein riesen Saustall in der Almhütte, den die Zilli erst mal in Ordnung gebracht hat. Und auch so ging sie erst als es dämmerte die Kühe suchen.

Dühle! Dühlidühli! Wo deids denn?“

Und auch sie kam zu dem Abhang.

Geh, Dirndl, sei so gut, magst mir nicht heimhelfen, ich bin schon so müd.“

Und die Zilli hat das kleine Manderl angeschaut und hat sich gedacht: ”Ja mei, der sieht ja wirklich ganz elend aus, der Arme, den kann ich da nicht so sitzen lassen.“ - Ja, denken hat sie natürlich normal können, beim Denken braucht man ja die Zunge nicht.

Ja, Vata, I domm don mit dir, aba sad, hat du nit meine dühle dedehn?“

Bring mich nur erstmal heim, dann sehen wir weiter“

Und die Zilli hat dem alten Männlein aufgeholfen und er hat sich bei ihr eingehängt und sie haben sich auf den beschwerlichen Weg den Hang hinunter gemacht. Immer tiefer auf einen Wald zu, immer weiter von der Hütte weg. Und das Männlein wurde immer schwerer, aber die Zilli hat sich gedacht, was muss der Arme müde sein, wenn er den ganzen Weg schon rauf gegangen ist.

Endlich im Wald kamen sie auf eine Lichtung und da stand eine Burg – also, was von der Burg noch übrig war, ein paar schiefe Wände, ein Dach voller Löcher, mehr Löcher als Ziegeln, und der alte Mann führte das junge Mädel bei einer Seitentüre in einen Raum, der wohl mal die Küche war.

Geh, Tilly“ - Zilli war ein höfliches Mädchen und hatte sich ihm natürlich vorgestellt - ”sei so gut, machst mir noch eine Suppe? Da am Tisch findest ein wenig Gemüse und im Ofen sollte noch Glut sein.“

Das Männlein hat sich auf die Bank gesetzt und hat die Zilli ganz genau mit seinen blitzenden blauen Augen beobachtet, wie sie aus dem bisschen Gemüse eine Suppe gekocht hat. Und weil das Männlein gar so aussah, als hätte es schon lange nichts mehr gegessen, da hat die Zilli noch den Speck und das Brot aus ihrem Fürtuch geholt und auf einen Teller gelegt. Und wie sie dem alten Mann so beim Essen zusah, da dachte sie, was der doch für schöne Augen hat. Grad wie ein See so blau.

Jetzt war es inzwischen natürlich schon ganz finster geworden und keine Chance für die Zilli, den Weg hinauf wieder zu finden.

Geh, Tilly, bist ein braves Mädchen, kannst drüben in der Kammer schlafen. Aber magst mir nicht vorher noch ein Liederl singen, wie gern würd ich ein Liederl hören zum Einschlafen.“

Derne, ich dinge dehr derne.“

Und so hat sich die Zilli zu dem alten Mann ans Bett gesetzt, und hat ihm ein Liederl vorgesungen, dass ihr schon immer die Mama zum Einschlafen vorgesungen hatte, wie sie noch klein war, und richtig, der alte Mann ist eingeschlafen, und wie er da so liegt, da kann die Zilli nicht anders, weil er ihr so leid tut, so einsam in dieser Ruine, dass sie ihm einen Kuss auf die Stirn drückt, ehe sie in die Kammer neben der Küche geht und todmüde auf das Strohlager fällt.

 

Als sie jedoch am nächsten Morgen aufwachte, da fiel ihr als erstes auf, dass alles anders roch, so nach Rosen und Veilchen, und wie sie die Augen aufschlug, da lagsie in einem prächtigen Bett, mit weichen, seidenen Kissen, und die Sonne schien durch ein großes, glänzendes Fenster in ein riesiges Gemach. Verwundert zwickte sich die Zilli in den Arm, aber das Zimmer bliebund so setzte sich die Zilli auf und da hörte sie aus der Ecke eine Mädchenstimme.

Guten Morgen Gnädigste, habt ihr gut geruht?“

Erstaunt blickte Zilli sich um, da stand neben der großen, prächtigen Tür eine junge Zofe und ja, sie blickte Zilli an. Träumte sie? Rasch zwickte sie sich erneut, und es tat weh.

Äh – guten Morgen, ja danke, ich habe sehr gut geschlafen.“ Verwundert hielt sie inne, die Hand vor dem Mund. ”Sehr gerne, so schön, Kühe Kühe.“ Begeistert brach sie in Lachen aus. Was auch immer das für ein Traum war, er war herrlich!

Darf ich euch beim Ankleiden behilflich sein? Der Herr erwartet euch schon.“

Na da ist die Zilli vielleicht erschrocken. War sie vielleicht heut Nacht gestorben? Und nun im Himmel gelandet? Wenn sie doch ”der Herr“ erwartete? Wieder zwickte sie sich, und es tat weh. Das Mädchen, eine junge Zofe, eilte herbei und half ihr in ein prächtiges Kleid, frisierte sie und plapperte die ganze Zeit über das Wetter, während Zilli jeden ihrer Sätze mit ”soso, was Sie nicht sagen, sehr komisch...“ kommentierte.

Mit doch etwas mulmigen Knien ging sie dann der Zofe nach in einen großen Saal, schließlich war sie sich nach wie vor nicht so ganz sicher, ob sie nicht doch im Himmel gelandet war. Doch weit und breit keine Engelchen, nur ein ernster junger Mann, der auf sie zukam. Wenn das Gottvater war, so hatte sie sich den ganz anders vorgestellt!

Doch dann blickte sie in seine Augen und erkannte die blitzenden Augen des alten Männleins und schon hielt er sie in seinen Armen und dankte ihr, dass sie ihn von seinem Fluch erlöst hatte.

 

Ja, den Rest kennt man ja – sie fuhren in einer prächtigen Kutsche zu dem reichen Bauern, der verwunschene Prinz hielt um die Hand der Zilli an, der Bauer und seine Frau waren glücklich und die beiden hoffentlich auch für den Rest ihres Lebens.

Und die Mizzi und die Peppi? Auf die hat auch der Bauer in dem ganzen Trubel ganz vergessen, mehr noch als auf seine Kühe. Die übrigens auf der saftigsten Weide der Alm standen, wohlgehütet vom Senner des Prinzen.

Die Mizzi aber, die stand im Stall, und musste den ganzen Tag ausmisten, eine Schaufel Mist nach der anderen. Und die Peppi, die musste die Ziegen hüten. Weil die brechen am meisten aus, sodass man ihnen nachlaufen muss...